Messebau ist Kommunikation im Raum. Ein Messestand spiegelt auch immer die Werte der Marke, für die er konzipiert ist, und macht sie erlebbar. Soweit, so redundant – sollte man meinen.
Ein Besuch auf den großen Leitmessen Frankfurts lässt aber Zweifel daran aufkommen, dass sich diese Erkenntnis in der Breite des Ausstellerfelds durchgesetzt hat. Die überwiegende Mehrheit der Messestände ist jedenfalls mit dem Gütesiegel „100% frei von Markenerlebnis” gekennzeichnet.
„Ja, Moment – wir wollen gar nicht, dass sich die Standarchitektur wichtiger nimmt als unsere Produkte. Die sind doch das Wichtigste. Und außerdem: Wir befinden uns auf einer reinen Fachbesuchermesse. Showeffekte würden unsere Kunden nur verstören. Unsere Kontakte machen wir auch ohne Klamauk, gell”.
Ok. Punkt für diese Argumentationsbreitseite.
Aber geht dieses Understatement nicht oft einher mit Uniformität? Ist der Fadenvorhang und der Designer-Tresenhocker wirklich ein ernstzunehmender Botschafter vornehmer Zurückhaltung? Ist ein Parkhaus gleich ein Car Showroom, nur weil Lampen an der Decke hängen? „Sorry, wir haben kein Geld”, wäre jedenfalls ehrlicher. Also gleich wieder her mit dem Punkt.
Was hat das mit manduca zu tun? Nicht viel, zum Glück. Die Marke will ein starkes Signal nach außen wie nach innen setzen. Will uns selbstbewusst zurufen: Schaut her, ich bin’s. Was machen wir jetzt also mit der Herausforderung, für manduca im „Raum zu kommunizieren”? Mit all den Freiheiten, die uns der Kunde eingeräumt hat?
Phase 1
Erstmal einen großen Bogen um das leere Blatt Papier machen. Unvermittelt im Büro auf- und abgehen. Nach Inspirationen suchen. Und irgendwann dann doch mal Ideenfragmente hin- und herschieben.
Phase 2
Butter bei die Fische. Plan machen. Ziel setzen: Das Logo wird eine zentrale Rolle spielen. Wir folgen unserer Corporate Design Idee, dem Logo immer auch ein Gewicht als Gestaltungselement zu verleihen. Wir schränken die Rolle des Logos aber nicht als simples Dekorationsobjekt ein. Es soll vielmehr den Messestand architektonisch definieren.
Phase 3
Wir nehmen das Logo auseinander. Teilen es, quetschen und strecken es, höhlen es aus, stapeln die Puzzleteile in die Höhe und hintereinander in die Tiefe. Wir schaffen Kokons und Geflechte, Bühnen und Nischen. Und dann stehen sie vor uns: kleine Installationen aus Pappe, Depafit, Stecknadeln und viel Tesafilm.
Phase 4
Wir schrumpfen uns und erkunden unsere kleinen Kulissenwelten. Wir nehmen Platz auf den Kubikzentimeter großen Sitzwürfeln und genießen die Messeathmosphäre. Da drüben, an der großen Wand, werden Babytragen interessiert begutachtet und demonstriert. Auf der großen Freifläche findet gerade die Präsentation der Neuheiten statt. Vor uns, am Rundtresen, der die zentrale Mittelsäule umschließt, genießt man zwanglos seinen Cappucino. Und hinter uns, im Besprechungsbereich, sitzen Menschen zusammen, ins Gespräch vertieft. Sogar die Schreibtischlampe, hoch über uns, wirft bereits ein stimmungsvolles Licht und zarte Schatten auf uns und den neuen manduca Messestand.
… Ja, so könnte es gehen. So könnte es sogar richtig gut gehen.
Phase 5
Ortstermin mit dem Kunden. Noch sind viele Details gar nicht angedacht, geschweige denn zu Ende gedacht. Aber der Funke springt gleich über. Genau diese Begeisterung wollten wir haben. Die Entscheidung für ein Konzept fällt noch am gleichen Vormittag.
Phase 6
Ab jetzt wird’s ernst. Wer glaubt, dass ein solches Projekt nach dem Wasserfallprinzip abläuft, muss sich mit dem Gedanken anfreunden, dass auch die Entwicklung eines Messestands ein agiler Prozess ist. Dafür muss man offen sein und die entsprechenden Spezialisten mit an Bord haben. Ab sofort ist viel von Statik, Zugentlastung, Hängung, Traversen und Kedern die Rede. Die Macht der Sachzwänge hält Einzug. Kundenwünsche, die in Guerillamanier aus dem Nichts auftauchen, gilt es zu befriedigen. Aber diese Scharmützel beflügeln auch die Phantasie, die Probleme in bessere Lösungen zu überführen.
Phase 7
Die Zeit rennt davon. Die bange Frage, wie das alles bis zur Kind & Jugend im September klappen soll, beantwortet der Messebauer damit, dass er pünktlich fertig wird und die Hütte aufbaut.
Phase 8
Zeit zum Staunen. Zeit, um auch mal ein bisschen stolz zu sein auf das, was aus einer papiernen Idee mit vielen Unwägbarkeiten und Risiken geworden ist: Ein Ort, an dem der Geist der Marke erlebbar wird. Und wo sich jeder sauwohl fühlt. Danke an alle, die dieses wunderbare Markenzuhause möglich gemacht haben.
ML
Standkonzept, Visualisierungen: Wolkenkratzer, Frankfurt
Technische Leitung & Lichtdesign: Christoph Pullmann, Darmstadt
Messebau: BSP, Darmstadt
Fotografie: Stefan Mikolon, Darmstadt
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